Otto Neurath (1882, Wien - 1945, Oxford)
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Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum - Bildung

Otto Neurath war ein österreichischer Soziologe, Ökonom, Wissenschaftsphilosoph und Pädagoge. Bekanntheit erlangte er vor allem durch sein Mitarbeit im Wiener Kreis und der Mitentwicklung der Bildstatistik.

team des gesellschafts- und wirtschaftsmuseumsOtto Neurath wuchs als älterer von zwei Söhnen von Wilhelm Neurath und Gertrud Kaempffert in Wien auf. Sein Vater, ab 1893 ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für Bodenkultur in Wien, starb 1901, was die ökonomisch- und bildungspriviligierte Familie in eine prekäre Lage brachte. Otto studierte und promovierte in Wien und Berlin und arbeitete dann als Volksschullehrer in Wien. Nach der Einberufung zum Ersten Weltkrieg wirkte Neurath in der Münchener Räterepublik mit, wurde wegen dieser Tätigkeit verurteilt und nach Österreich ausgewiesen. Nach seiner Rückkehr nach Wien arbeitete er als Generalsekretär des Österreichischen Verbandes für Siedlungs- und Kleingartenwesen. Daraus hervor ging die Gründung des Wiener Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum. In diesem Museum entwickelte Otto Neurath insbesondere mit seiner späteren Frau Marie Reidemeister und dem Grafiker Gerd Arntz die Bildstatistik, welche die Grundlage für optische Leitsysteme und Infografiken bildet.

Das Ende des Museums in Wien wurde durch die Februarkämpfe 1934 eingeleitet. Die Regierung Dollfuß sperrte das Museum, da es sich dabei angeblich um eine Propagandainstitution handelte. Durch einen Zufall entging Neurath der Verhaftung und emigrierte nach Holland. Obwohl Neurath in einer Zweigstelle des Museums in Den Haag an seinen bildstatistischen Arbeiten anschließend konnte, erschwerte die prekäre wirtschaftliche Lage einen Neuanfang. Seine Arbeit führte er bis zum Mai 1940 fort, dann flüchtete er im letzten Moment vor den Deutschen nach England. Vorerst als
enemy alien interniert, wurde Neurath dank prominenter Fürsprecher 1941 entlassen und hielt zwei Semester lang Vorlesungen an der Universität Oxford. Zudem gründete er das Isotype Institut.

Otto Neurath forschte und publizierte disziplinenübergreifend zu einem breiten Themenspektrum. Er veröffentlichte Texte auf dem Gebiet der Philosophie, Soziologie, Ökonomie, Wissenschaftslogik, Wissenschaftsgeschichte, Bildpädagogik und Literaturgeschichte. Trotz des breiten Spektrums seines Werkes lässt sich ein politisches und wissenschaftliches Programm identifizieren. In dessen Zentrum stand die Vorstellung einer wissenschaftlichen Utopie mit dem Ziel, den Menschen ein selbstbestimmtes, glückliches Leben zu ermöglichen. Insofern, und das schlägt sich sowohl im Engagement für das Wirtschafts- und Gesellschaftsmuseum, dem Verein Ernst Mach oder den Arbeiten zur Sozialisierungstheorie nieder, hatte Neuraths Arbeit einen sehr praktischen, häufig volksbildnerischen Bezug.

Am prominentesten sind seine Beiträge zur Kritik der Metaphysik, zur Sozialisierungstheorie und seine Arbeiten zur Bildstatistik, als deren Mitbegründer er gilt. Erstere werden auch heute noch vor allem im amerikanischen Raum rezipiert, während die Schriften zur Sozialisierungstheorie, auch durch die Erfahrung mit dem Realsozialismus, in Vergessenheit geraten sind. Im Zusammenhang mit dem österreichischen Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum sind die bildstatistischen Arbeiten hervorzuheben. Zeitweise strebte man mit dem Thesaurus, einer Sammlung gleicher Symbole, die Etablierung einer internationalen Bildsprache an.

Literatur