Bildung
Käthe Leichter - Frauen - Otto Neurath - Max Adler - VHS - Schönbrunner Erzieherschule - Austromarxismus
Sie ist allen
Sozialwissenschafterinnen und Sozialwissenschafter sowie Aktivitstinnen
und Aktivisten, die im Rahmen dieses Projekts vorgestellt werden, ein besonderes Anliegen: die Bildung. Käthe Leichter, Leiterin des Frauenreferats der Arbeiterkammer Wien, war es
etwa besonders wichtig, Frauen über ihre Rechte zu
informieren und sie auch selbst in den Kampf um diese einzubinden -
mehr dazu findet sich im Kapitel „Frauen“. Auch für Otto Neurath war die Vermittlung von komplexen Inhalten an ein möglichst breites Publikum eine zentrale Aufgabe. Max
Adler allerdings war derjenige, der auch theoretisch über Bildung arbeitete und sie zudem als Lehrer an der VHS und der Schönbrunner Erzieherschule praktisch vermittelte - schließlich sollten durch sie "neue Menschen" geschaffen werden:
Max Adler war
der wichtigste publizistische Vertreter der Linksopposition in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP)
und möglicherweise der Erfinder der Ausdrücke „Dritter Weg zum
Sozialismus“ und „Einheitsfront“ (Pfabigan 1982: 7). Er kann nach
Pfabigan auf dreifache Weise analysiert werden: als Philosoph, als Politiker
und politischer Publizist und gilt als einer der bedeutendsten
Vertreter des Austromarxismus
(Filla 1997: 38).
Sein Frühwerk ist deutlich beeinflusst von Ludwig Gumplowicz (Pfabigan 1982: 12) und weist bereits bald
revolutionär-normative Argumente auf. Es war sein Anliegen, die
verbreiteten Vorurteile gegen die Sozialdemokratie zu bekämpfen (Weiss
2008: 30). Als Parteimitglied der Sozialdemokraten sah er zudem die
Verflechtung von Wissenschaft und Sozialdemokratie für grundlegend
(ebd. 31). Sein Verständnis des Marxismus betont diesen als
eine soziologische Konzeption und wendet sich damit gegen das
allgemeine ökonomische Verständnis des Theoriewerkes von Marx. Neben
Marx und Engels waren auch Rousseau, Lessing, Herder, Kant, Schiller
und Goethe Bezugspunkte für seine Theoriebildung (ebd. 209).
In den
Jahren 1895 bis 1904 setzt sich Adler neben der Frage des Verhältnisses
der Intellektuellen zur Sozialdemokratie (ebd. 91f.) mit der
Interpretation von literarischen Werken von Ibsen, Lessing oder Gerhart
Hauptmann auseinander (ebd. 33), da er dieser Gegenwartliteratur einen
bestimmten Stellenwert im gesellschaftlichen Prozess zuwies. Seine
sozialistische Daseins- und Kulturlehre, welche die sozialdemokratische
Askese durch Bildung und Kultur kompensierte, wurde zum Vehikel für die
Schaffung des „Neuen Menschen“ (Filla 2001: 238; Weiss 2008: 31). Adler
schrieb diesem revolutionäres Bewusstsein und solidarisches Handeln
als Haupteigenschaften zu. Diese Perspektive wurde in seine politische
Konzeption eingebettet. Seine Bildungstheorie, rund um sein Hauptwerk
"Neue Menschen", trug wesentlich zu den Programmen und Zielsetzungen
der Kinderfreunde bei
(ebd.). Für ihn war in der Erziehung nicht die Praxis, sondern das
Buch relevant, sodass er klassische deutsche Philosophie, Hochgedanken
der alten Kulturen, Dichtung und Denkarbeit lehrte (Pfabigan 1982: 209;
vgl. Adler 1924). Er kritisiert die „neutrale Bildung“ und bezeichnet diese
als Machtinstrument.