Die Wiener Arbeiterkammer
Ebendorferstraße 7, 1010 Wien
Käthe Leichter - Frauen - Arbeit
Bilder
1920
beschloss der Österreichische Nationalrat, für jedes Bundesland eine
Arbeiterkammer einzurichten. Noch im selben Jahr wurde die
Arbeiterkammer Wien (bis 1934 hatten Wien und Niederösterreich eine AK)
in der Ebendorferstraße 7 eröffnet, wobei u.a. die Nähe zum Rathaus
war für die Standortwahl ausschlaggebend war. 1922 richtete die Arbeiterkammer eine Sozialwissenschaftliche
Studienbibliothek mit einem Bestand von 140.000 Büchern ein, welche
jedoch von den Nationalsozialisten im Jahr 1938 in die Zentrale der
Deutschen Arbeits-Front nach Berlin gebracht wurden. Insgesamt konnten
nur 30.000 Bücher wiedergefunden werden.
Im Jahr 1925 übernahm Käthe Leichter
die Aufgabe, ein neues Frauenreferat in der Wiener Arbeiterkammer
aufzubauen und zu leiten (vgl. Steiner 1973: 73). Die Einstellung Käthe Leichters
war jedoch umstritten. Dies war einerseits auf die antisemitische
Haltung einiger Kolleginnen und Kollegen zurückzuführen, andererseits
darauf, dass einige Funktionäre sie als Frau nicht als gleichberechtigt
ansahen und daher in leitender Stellung nicht akzeptierten. Erschwerte
Arbeitsbedingungen waren die Folge, zum Beispiel bekam Käthe Leichter –
zumindest zu Beginn ihrer Tätigkeit in der Arbeiterkammer – nur eine
halbtags arbeitende Sekretärin zugewiesen (vgl. Göhring 2003: 23).
Aufgrund ihrer Qualifikationen, ihres Mutes, offen Probleme und Fragen
anzusprechen und ihres kollegialen Verhaltens gewann sie jedoch bald
die Sympathien von vor allem weiblichen Angestellten in der Wiener
Arbeiterkammer (vgl. Steiner 1973: 73). Käthe Leichter verstand ihre
Arbeit im Frauenreferat der Arbeiterkammer als Tätigkeit im „Dienste
der Gewerkschaften“ (Leichter 1930, zit. in: Steiner 1973: 77).
Mit hohem Engagement und Einsatzbereitschaft widmete sie sich in ihrer
Position Arbeitsbereichen, die zuvor in der Wiener Arbeiterkammer nicht
behandelt worden waren.
Käthe Leichter formulierte ihren
Aufgabenbereich folgendermaßen: „Die freien
Gewerkschaften haben den Kampf um die Gestaltung der
Arbeitsbedingungen, um die wirtschaftliche Hebung der Arbeiterklasse zu
führen. Die Kammer hat in steter Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften
alle Erfahrungen auf dem Gebiet der Sozial- und Wirtschaftspolitik zu
sammeln, statistisch und wissenschaftlich zu bearbeiten, zu den
Gesetzes- und Verwaltungsmaßnahmen, die auf wirtschaftlichen und
sozialen Gebieten getroffen werden, Stellung zu nehmen, und – wiederum
im Einvernehmen mit den Gewerkschaften – eigene Anträge auszuarbeiten“ (Leichter 1930: 544, zit. in: Steiner 1973: 77f.).
Im Jahr 1932
wurde Käthe Leichter zur Betriebsrätin in der Arbeiterkammer gewählt.
Dies war insofern bemerkenswert, als es zuvor nur männliche
Betriebsräte in der Arbeiterkammer gab und Käthe Leichter nur unter
heftigen Protesten der weiblichen Angestellten in den Wahlvorschlag
gebracht wurde (vgl. Steiner 1973: 73).
1934 verliert sie mit der Errichtung des Ständestaats ihre
Position in der Arbeiterkammer, 1938 wird sie von der Gestapo
verhaftet, 1942 im Konzentrationslager ermordet.
Im April 1945
errichtete
die SPÖ in der ehemaligen Arbeiterkammer ein provisorisches
Sekretariat, zudem zogen AK und der Österreichische Gewerkschaftsbund
(ÖGB) wieder ein. Seit
1959 befindet sich die Wiener Arbeiterkammer in der Prinz-Eugen-Straße
20-22 im 4. Bezirk in Wien, das Haus in der Ebendorferstraße 7 ist heute Sitz
der Gewerkschaft Bau-Holz sowie des Österreichischen Austauschdienstes
(oead).
Käthe-Leichter - Gedenktafel
Auf
Initiative der Arbeiterkammer wurde im Jahr 2006 eine von Ingeborg
Kumpfmüller gestaltete Gedenktafel an Käthe Leichter am Gebäude der
ehemaligen Arbeiterkammer Wien in der Ebendorferstraße 7 angebracht.
Die aus Glas geschnittene Tafel zeigt die Buchstaben K und L, wobei auf
dem Buchstaben K ein kurzer Text auf Käthe Leichters Tätigkeit als
Leiterin der AK-Frauenabteilung hinweist: „dieses gebäude war von 1921
bis 1938 und zu beginn der 2. republik das gemeinsame haus von
arbeiterkammer und gewerkschaft. käthe leichter war von 1925 bis 1934
erste leiterin der ak-frauenabteilung. sie wurde 1942 von den
nationalsozialisten ermordet“ (vgl. Arbeiterkammer 2006). Da das Denkmal durchsichtig ist, ist es
für Passantinnen und Passanten nur schwer zu erkennen. Die Tafel macht
einen ungepflegten Eindruck und der in weißer Farbe aufgedruckte Text
ist kaum lesbar. Abgesehen von dem Denkmal für Käthe-Leichter gibt es
keinen Hinweis darauf, dass sich im Gebäude früher die Arbeiterkammer
befunden hat.